Die Carstenn-Figur in Berlin-Wilmerdorf und Friedenau

Die Carstenn-Figur ist benannt nach Johann Anton Wilhelm Carstenn-Lichterfelde. Es handelt sich um zwei Stadtformen, die dem römischen Circus Maximus nachempfunden sind und sich am nördlichen und südlichen Ende der Kaiserallee (heute: Bundesallee) wieder finden. Die Figur erinnert auch an die Schlossgärten von Versailles oder Potsdam Sanssouci. Carsten selbst hat sie dann noch einmal in Lichterfelde wiederholt.

 

Die Stadtplätze hatten sowohl eine stadtplanerische aber auch eine ökonomische Qualität. In den umliegenden Plätzen ergab sich dadurch die Möglichkeit, viele Gebäude an spitzen Straßenecken zu errichten. Diese Wohnungen und Häuser waren besonders beliebt und zu entsprechenden Preisen zu vermieten oder zu verkaufen.

 

Ab 1874 entstanden die ersten Straßen und Plätze um die Kaiserstraße, später Kaiserallee, heute Bundesallee (benannt nach dem bis 1950 errichteten Bundeshaus am nördlichen Ende der Straße) als Verbindung zwischen Wilmersdorf und Friedenau. Es entstand die sogenannten Carstenn-Figur. Am nördlichen Ende der Allee entstanden vier Plätze, die als Grün- und Repräsentationsplätze ausgebaut wurden – Fasananplatz, Nürnberger Platz, Nikolsburger und Prager Platz. Der südliche Teil der Carstenn-Figur um den Friedrich-Wilhelm-Platz ist weniger aufwendig gestaltet. Das Stadtbild dieser Figur wiederholt sich in Lichterfelde-Ost rund um den heutigen Oberhofer Platz.

 

Carstenn wollte auch hier mit der Berlin-Charlottenburger Bauverein AG eine Landhaussiedlung errichten, um den Bürgern Berlins die Möglichkeit zu geben, aus der beengten Stadt in eine ländliche, gesunde Umgebung zu ziehen. Dies stand im Widerspruch zu den Plänen des damaligen obersten Stadtplaners Berlins, James Hobrecht. Dieser wollte die Bürger im Zentrum der Stadt halten und probagierte die Mietskasernen; die wohlhabenden Bürger sollten in den Vorderhäusern wohnen, bevorzugt in der Beletage (im ersten Stockwerk). Wer sich das nicht leisten konnte „durfte“ in den Hinterhäusern mehr schlecht als recht hausen. Das Gebiet um die neu angelegte Straße blieb weitgehend unbebaut, nur einzelne Villen entstanden, außerdem das Joachimsthalische Gymnasium (heute Musikhochschule).

 

Die tatsächliche Bebauung der späteren Bundesallee erfolgte erst um 1890; also lange  nach der Erschließung des Geländes durch Carstenn. Allerdings wurden nun fünfgeschossige Mietshäuser gebaut. Innerhalb weniger Jahre wuchs Wilmersdorf von einem kleinen Dorf mit knapp 5.000 Einwohnern zu einer Großstadt mit über 100.000 Einwohnern. 1906 erhielt es das Stadtrecht und schied 1907 aus dem Kreis Teltow aus. Durch das Gesetz vom 27.04.1920 wurde die  „Gemeinde Wilmersdorf“ mit den Landgemeinden bzw. Gutsbezirken Schmargendorf, Grunewald sowie Wilmersdorf, Stadt mit bis dahin schon 157.944 Einwohnern in die neue Stadtgemeinde Berlin integriert.

 

Literatur- und Quellennachweis:

 

Christoffel, Udo (Hrsg.)

Kunstamt Wilmersdorf 1983

Berlin Wilmersdorf, dargestellt im Kartenbild der Jahre von 1588 bis 1938

 

Lieberknecht / Metzger / Nagel / Röhrbei / Schafberg

Bezirksamt Wilmersdorf von Berlin (Hrsg.)

Von der Wilhelmsaue zur Carstenn-Figur

 

 

 

Der nördliche Teil der "Carstenn-Figur" - die Plätze waren deutlich aufwendiger gestaltet als im südlichen Ende.

Nr. 1 - Luftaufnahme: Kaiserallee (heute Bundesallee) Ecke Spichern-, Regensburger-, Nachodstraße (Link zum Stadtplan)

 

Nr. 2 - Kaiser-Allee (heute Bundesallee 210) Ecke Spichern-, Regensburger Straße - heute steht an der Stelle der rechten Häusergruppe das Hochhaus der Investitionsbank Berlin, IBB (Link)

 

Nr. 3 - AK aus 1906 Spichernstraße Ecke Kaiser-Allee Nr. 210

 

Nr. 4 - AK aus 1909 Nachodstraße Ecke Kaiser-Allee

 

Nr. 5 + 6 - Prager Platz, Luftaufnahme um 1923 und

          Prager Platz Ecke Prager Straße / Motzstraße (Link)

 

Nr. 7 - Nikolsburger Platz (Link)

Der südliche Teil der "Carstenn-Figur" in Friedenau

Der südliche Teil der Bundesallee (früher: Kaiserallee) in Friedenau

Die Kirche zum Guten Hirten, Friedrich-Wilhelm-Platz

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