Tattersall am Kurfürstendamm - Aktiengesellschaft

 

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Von dieser Aktie waren ursprünglich nur 6 Stück bekannt. Diese Stücke waren heiß begehrt und brachten 4-stellige DM-Auktionserlöse - bis zu 4.000,00 DM (plus Aufgeld) ..... Das war einmal, denn im Dezember 1999 wurde in Den Haag ein Los mit 403 Gründeraktien versteigert, fast die gesamte ursprüngliche Auflage von insgesamt 415 Stücken. Weitere Emissionen dieser Gesellschaft sind nicht bekannt. Heute ist der Preis deutlich unter unter 300,00 Euro (Suppes 2008/9) gerutscht.

 

Tattersall: Nach dem engl. Trainer Richard Tattersall, U 1795, der die erste Reitschule und Pferdebörse mit Wettbüro gründete. Ein gewerbliches Unternehmen, in dem auf Verleihpferden Unterricht erteilt wird, das Pferde in Pflege nimmt, kauft und verkauft (Brockhaus).

 

Die Gesellschaft: 

 

Die Gesellschaft wurde von wohlhabenden Kaufleuten und Rechtsanwälten im März 1904 gegründet. Der Sitz war von Anfang an am Kurfürstendamm 208.

 

Zweck war ursprünglich die Errichtung und Betrieb von Reitbahnen, sowie die Aufnahme fremder Pferde und Wagen sowie der Handel mit Pferden für eigene und fremde Rechnung. Die Eröffnung der Anlage war 1906. Die Gesellschaft hatte das Grundstück Kurfürstendamm 208 für 460.200 Mark über den Baumeister Ernst Schmidt erworben.

 

Allerdings gab es in Deutschland schon ein knappes Dutzend Aktiengesellschaften mit einem ähnlichen Zweck; sie waren alle wesentlich früher ins Leben gerufen. Die Tattersall am Kurfürstendamm-AG stieg ins Geschäft ein, als schon abzusehen war, dass das Pferd als Verkehrsmittel bald ausgedient haben würde. Der Siegeszug des Automobils war unaufhaltsam.

 

Dass die Initiatoren der Gesellschaft schon nach kurzer Zeit eine völlige Umstrukturierung des Unternehmens vornehmen mussten, wundert deshalb nicht. Das Geschäft mit dem „Pferde-Parkhaus“ hatte keine Zukunft mehr - heute gehört zu dem Ensemble ein großes Kfz-Parkhaus.

 

Ab dem 01.07.1918 gab die Gesellschaft das Tattersall-Unternehmen auf, um sich fortan auf die Vermietung der auf dem Grundstück Kurfürstendamm 208 befindlichen Räumlichkeiten sowie des Wohnhauses Lietzenburger Straße 8a zu konzentrieren.

 

Das Grundstück Ku-Damm 208 hatte nur eine sehr kleine Front zur Straße. Zur Arrondierung des Grundbesitzes wurde das Nachbargrundstück Kurfürstendamm 209 sowie die Grundstücke Ku-Damm 206/207 mit der Villa Raussendorf erworben. So wurde die Gesellschaft Eigentümerin des großen, zusammenhängenden Grundstücksblocks Kurfürstendamm 206, 207, 208 und 209 sowie Lietzenburger Straße 8a. Die Immobilien hatten zuletzt einen Wert von 2,1 Mio. RM; allerdings belastet mit recht hohen Hypothekendarlehen.

 

Hier befanden sich das "Theater am Kurfürstendamm", die "Telos-Verkehrsgesellschaft", die "Rumpelmeyer-Konditorei", ein großer Neubau mit Läden, Büros und dem Theater "Die Komödie".

 

Am 19.11.1931 wurde die Auflösung und Liquidation der Gesellschaft beschlossen. Sicherlich spielte die Weltwirtschaftskrise eine große Rolle; die Miet- und Pachteinnahmen schrumpften deutlich. In den Jahren 1929 und 1930 kam es zu Verlusten in Höhe von 120.000 Mark. Auf den Aktien gibt es  keine Liquidationsstempel.

Wie und warum ein Großteil der Aktien nach Holland gelangte, ist unklar.

 

 

In den Jahren 1971 bis 1974 entstand auf dem Areal von inzwischen rd. 20.000 m² der Gebäudekomplex „Ku-Damm-Karree“ - Architektin: Sigrid Kressmann-Zschach. Bei dem Ku-Damm-Karree handelte es sich um eine ausgedehnte Ladenpassage mit zwei Theatern (wieder Komödie und Theater am Kurfürstendamm) sowie einem Hochhaus mit Büros und einem Parkhaus.

 

Das Objekt wurde in den Jahren 1994/1995 das erste Mal umfassend modernisiert und aufgestockt (Penthouse für den damaligen Eigentümer). Die Fassade wurde vollständig erneuert.

 

Stand September 2024: Seit Anfang der 2020er Jahre erfolgte ein umfassender Sanierung des Hochhauses sowie der Abriss bzw. Umbau der Ladenpassagen, leider mit Monaten langer Stilllegung der Baustelle aufgrund wechselnder Eigentümergesellschaften. Nur ein Theater sollte erhalten bleiben. Ob und wann die unterbrochenen Bauarbeiten wieder aufgenommen werden, weiß kein Mensch. Jetzt, im September 2024, sollen die Arbeiten tatsächlich weitergehen (Berliner Morgenpost vom 06.09.2024). Die Fertigstellung ist für Ende 2025 / 2026 geplant. Besonders imponiert hat mir, dass das 102 m hohe Bürohaus zumindest teilweise um ein paar Millimeter angehoben wurde. Gut, dass ich da meine Finger nicht drunter hatte.