Tempelhofer Feld Aktien-Gesellschaft für Grundstücksverwertung
Die Gesellschaft (TeFAG)
Die
Tempelhofer Feld Aktien-Gesellschaft für Grundstücks-verwertung (TeFAG)
wurde 1910 gegründet. Gründer:
Deutsche Bank, Berlin und
Bank für Handel und Industrie, Darmstadt-Berlin.
Die TeFAG wurde gegründet, um den von der Deutschen Bank und der Gemeinde Tempelhof
1910 geschlossenen Verwertungsvertrag zu übernehmen. Die Gemeinde Tempelhof wiederum hatte im gleichen Jahr vom Militärfiskus den westlich der Tempelhofer Chaussee (später Berliner Straße, heute: Tempelhofer Damm) gelegenen Teil des Tempelhofer Feldes gekauft. Das gesamte Tempelhofer Feld diente bis dahin als Truppenübungsplatz; der östliche Teil dieses Areals wurde später als innerstädtischer Flughafen genutzt. Der Kaufpreis für den zu bebauenden Teil betrug 72 Millionen Mark, die in 20 Jahresraten bezahlt werden sollten. Nach der baupolizeilichen Verordnung von 1898 war das gesamte Terrain von 81,2 ha für den großstädtischen Hochbau der Klasse A, also viergeschossig zuzüglich Parterre zugelassen. Die Planung der Siedlung erfolgte durch die Architekten Friedrich Gerlach und Fritz Bräuning. Sie wurden inspiriert von der englischen Gartenstadtbewegung des 19. Jahrhunderts.
Die Planung wurde
1920 angepasst und geändert. Um den Hochbau einzuschränken, wurde der größte Teil des Areals nur noch für die Bauklasse F (= Landhausbau) freigegeben. Ausgenommen davon war ein Streifen an der Tempelhofer Chaussee, hier wurde eine Randbebauung bis zu 4 Geschossen zugelassen. Diese Ausnahme rentierte sich später beim Bau des Tempelhofer Flughafens, denn diese Häuserfront wirkte als Lärmbarriere zugunsten der dahinter liegenden Grundstücke. Das der landhausmäßigen Bebauung überwiesene Gelände wurde von der Verwertung durch die TeFAG ausgeschlossen und der neu begründeten Gemeinnützigen Tempelhoferfeld Heimstätten GmbH zur Erbauung von Kriegerheimstätten überlassen. Der Kaufpreis wurde in diesem Zusammenhang für die TeFAG auf 17 Mio. Mark für 17.600 „Quadratruten“ Nettobauland gesenkt, bereits gezahlte Raten wurden verrechnet. Schließlich wurde auf eine vollständige Einzahlung der Aktien Lit. B verzichtet.
Diese wurden im Jahr
1921 im Verhältnis 4 : 1 zusammengelegt. Ab
1925 ging man dazu über, die Grundstücke auf eigene Rechnung zu bebauen, da keine lukrativen Verkaufsmöglichkeiten der Baugrundstücke abzusehen waren.
Erst
1930 konnte die Gesellschaft wieder einen größeren Block zwischen
Bayernring und Badenring
verkaufen. Er ging an die wiederum
Gemeinnützige Tempelhofer Heimstätten GmbH,
die über eine Mio. RM dafür bezahlte. Der größte Teil des Baulandes ging erst
1938 an die Stadt Berlin, die es in der Folgezeit rasch bebaute. Wegen des Verkaufs wurde 1/3 des Grundkapitals an die Aktionäre zurückgezahlt.
1945 Am Ende des Krieges besaß die Tempelhofer Feld AG noch ca. 49.000 m² Bauland und etwa 30.000 m² bebaute Grundstücke, die meisten an der Tempelhofer Chaussee (heute: Tempelhofer Damm) gelegen. Die Gesellschaft beschäftigte sich nun in erster Linie mit der Verwaltung der ihr gehörenden Wohnungen und Gewerberäume. Der besagte Verwertungsvertrag wurde endgültig in den sechziger Jahren abgeschlossen, sodass der Hauptversammlung im Jahre
1966 die Liquidation vorgeschlagen wurde, was jedoch auf Ablehnung stieß.
2000 Die TeFAG besaß Ende der 90er Jahre rund 67.000 m² Wohn- und Gewerbeflächen. Außerdem wurden wieder Neubauten errichtet (u.a. 110 Sozialwohnungen am Tempelhofer Damm 44, 46) bzw. Dachgeschosse ausgebaut. Das Unternehmen war an der Berliner Börse notiert.
1994 wurde die Aktienmehrheit (81 %) vom Land Berlin an die LandesBank Berlin (LBB) für rd. 60 Mio. DM verkauft; lediglich 19 % des Aktienkapitals wurde noch von freien Aktionären gehalten. Bereits im Jahr
1995 wurde die Aktienmehrheit von der Certa Immobilienverwaltung und Handelsgesellschaft OHG übernommen. Ende
1997 hatte die Gesellschaft insgesamt 848 Wohnungen, 23 Gewerberäume und 20 Kellerräume sowie über 50 Garagen und knapp 200 Stellplätze im Bestand.
2005 fand schließlich die letzte Hauptversammlung der „TeFAG“ statt. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich nur noch 281 (!) der insgesamt 25.000 Aktien in „Streubesitz“; der Rest wurde von der Certa gehalten. Mit dieser wurde bereits im Jahr 1995 ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag geschlossen. Somit war es nicht verwunderlich, dass die meisten Kleinaktionäre in der außerordentlichen, kurzfristig einberufenen Versammlung am 19.01.2005 gegen die einzigen TO-Punkt „Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf die Certa“ stimmten, obwohl als Abfindung pro Aktie 1.750,00 € (bei geringem Handel schwankten die Börsenkurse in den letzten Jahren der TeFAG zwischen 1.400 € und 1.900 €) angeboten wurden. Gleichwohl wurde diesem TO-Punkt zugestimmt. Somit verschwand eine der ältesten Immobilien-AGs aus dem Handel. Geblieben sind auch hier nur die alten Aktienurkunden.
2008 der Flughafen Tempelhof auf der anderen Seite des Te-Damms wird „dicht gemacht“; über die Folgenutzung wird – wie in Berlin üblich – heftig gestritten. Eigentümer des Flughafens und der Gebäude ist der Bund, aber Berlin hat natürlich auch viele, viele, leider unterschiedliche Vorstellungen – „Berlin“ war damals: der Senat, die zwei beteiligten Bezirke sowie jede Partei und natürlich diverse Bürgerinitiative. Im Herbst 2007 wurde ein Volksentscheid zum Offenhalten des Flughafens eingeleitet, der aber auch keinen Erfolg hatte. Die Schließung des Flughafens war nicht mehr zu verhindern.
2014 Der Berliner Volksentscheid von 2014 hat das Tempelhofer Feld unter Schutz gestellt und eine Bebauung des Areals verboten, was durch das Tempelhofer Feld Gesetz umgesetzt wurde. Trotzdem gibt es seit 2024 wieder Bestrebungen, das Gesetz zu ändern und eine Randbebauung zu ermöglichen, was zu einer anhaltenden Debatte über den Schutz des Feldes führt.
Eine Besonderheit der Siedlung war ursprünglich, dass sich die Bewohner aus ihren Gärten zumindest teilweise selbst versorgen sollten. So gab es damals z. B. im Rumeyplan zwischen den Häusern 11 und 13 sowie 14 und 16 Torbögen Zuwegungen, über die die Hinterlassenschaften von Kleintieren wie Schweinen, Schafen und Ziegen abtransportiert werden konnten – die sogenannten Dungwege (1). Andererseits konnten die Gärten über diese Wege auch mit „natürlichen Wachstumsförderern“ versorgt werden.
Inzwischen ist dieser Stadtteil durch seine ruhige Lage (ohne den benachbarten „aktiven“ Flughafen Tempelhof) und die ausgezeichnete Anbindung an die City durch Straßen, Autobahn, U- und S-Bahn eine sehr beliebte Wohngegend. Den Ku-Damm in Halensee, den Potsdamer Platz sowie die Friedrichstraße / Unter den Linden erreicht man mit dem Auto in nicht einmal 10 Minuten – wenn es denn mal nicht staut.
(1) Diese Torbögen sind hier und bei anderen Häusern der Siedlung inzwischen durch Doppelgaragen ersetzt worden. Mit diesen Dungwegerechten wurde ich in den 1970er Jahren immer noch konfrontiert. Mit den Wegerechten sollte bei Reihenhäusern – ohne Zuwegung von hinten - erreicht werden, dass die Hauseigentümer ihre Düngematerialen usw. über die Grundstücke der Nachbarn transportieren konnten und nicht immer mitten durchs eigene Haus, ist ja auch eher unangenehm.
Literatur- und Quellennachweis:
Bogon, Winfried
(digitaler reprint November 2005 - Verlag für digitale Publikationen)
Handbuch der Deutschen Aktiengesellschaften, 1925 + 1932 + 1943
Gemeinnützige Tempelhoferfeld-Heimstätten-GmbH
Berlin-Tempelhof, September 1930
10 Jahre Siedlung Tempelhof
Zehrfeld, Axel G..
Berliner Terraingesellschaften
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